“Gesundzeit” aus dem Fichtelgebirge
Frankenpost, Dezember 2015
Das Vorzeige-Projekt in Weißenstadt wächst. Menschen sollen dort Stress abbauen, verspricht das Konzept der Betreiber. Und es wird mehr als 100 neue Arbeitsplätze geben.
Weißenstadt - Auf der Baustelle in der Nähe des Weißenstädter Sees herrscht reger Betrieb. Dort wächst ein Projekt, das weit über das Fichtelgebirge hinaus bekannt werden soll: das „Siebenquell Gesundzeitresort“. Schon im September 2016, so ist es geplant, werden sich für die ersten Gäste die Türen öffnen. „Ein sportliches Ziel“, räumt Initiator und Geschäftsführer Stephan Gesell ein. Zweifel an dem Termin lässt er aber nicht aufkommen.
Gut 60 Millionen Euro kostet das neue Projekt, in dem sich unter anderem eine Thermenlandschaft mit 1500 Quadratmetern Wasserfläche und 225 Hotel-Betten befinden werden. Nur einen Steinwurf von dem Neubau entfernt steht das Kurzentrum Siebenstern, das bereits seit 2007 läuft – es ist aktuell zu etwa 90 Prozent ausgelastet. Die Altersgruppe liegt dort im Durchschnitt bei über 60 Jahren.
Deutlich jünger als im bestehenden Kurzentrum werde das Publikum im Siebenquell-Gesundzeitresort sein, erwarten Gesell und sein Prokurist Michael Bauernfeind, die im Gespräch mit der Frankenpost die Strategie
für das neue Haus erläutern. Vor allem Menschen, die noch mitten im Berufsleben stehen, habe man als Zielgruppe im Auge. Zum wesentlichen Angebot gehöre es, Erschöpfungszuständen vorzubeugen. Das Wort Burnout mag Gesell nicht. Der 43-jährige Geschäftsführer verspricht seinen Kunden „Entschleunigung“ und „Entstressung“.
Ähnlich wie im Kurzentrum peilt Gesell für das neue Haus eine Auslastung von etwa 90 Prozent an. Der Gesundheitstourismus biete einen „riesigen Markt“, sagt der Manager. Und er rührt die Werbetrommel. In Weißenstadt entstehe „Deutschlands attraktivstes Gesundheits- und Thermenresort“. Das Angebot zielt ausschließlich auf Selbstzahler; Leistungen von Krankenkassen gibt es – wie auch im Kurzentrum – nicht.
Das Konzept birgt ein umfassendes Programm. Die Grundlage für das Therapieangebot bildet die erfolgreiche Thermalbohrung in mehr als 1800 Metern Tiefe, die das gut 35 Grad warme, fluorid- und schwefelhaltige Wasser an die Oberfläche befördert. Die gesamte Palette reicht von gesunder Ernährung mit Show-Küche bis hin zu Tagungs- und Seminarangeboten, erklären Gesell und Bauernfeind. Außer auf eine medizinische Betreuung werden die Gäste in Weißenstadt auch auf die Dienste von Psychologen und Geistlichen zurückgreifen können. Eine Woche mit Vollpension und allem Drum und Dran koste rund 900 Euro, verrät Gesell. Die abgespeckte Version gebe es ab etwa 500 Euro.
Woher sollen die Gäste kommen? Aus Bayern, Sachsen, Thüringen und Berlin erwarten die Weißenstädter den größten Teil der Kunden, die mit Übernachtung buchen. „Wir werben um den gesamten bundesdeutschen Raum und die angrenzenden europäischen Staaten“, sagt Michael Bauernfeind. Die Tagesgäste rekrutieren sich dagegen hauptsächlich aus einem Umkreis von etwa 100 Kilometern. Die Pläne basieren nicht auf Wunschvorstellungen, unterstreicht Stephan Gesell, „sondern auf mehreren Gutachten, denen intensive Befragungen vorausgegangen sind“.
Mehr als 100 Arbeitsplätze wird das Siebenquell-Gesundzeitresort zu bieten haben. Gesucht werden unterschiedlichste Fachkräfte, ob in der Küche, im Service oder in der Thermenlandschaft. Vom Bademeister
bis zum Sport-Ökonomen ist alles dabei. „Ich gelte als Berufsoptimist“, sagt Gesell. Aber es sei schon eine „echte Herausforderung“, das gesamte Personal bis September auf die Beine zu stellen. Die Bewerbungsphase beginne im März. Kandidaten, die schon vorher ihre Unterlagen schicken, müssen sich bis dahin gedulden, erklärt der
Geschäftsführer.
Auf 60,2 Millionen Euro beziffert Gesell die Nettoinvestition für das neue Projekt. Davon seien 31 Millionen Fremdkapital, das ein Bankenkonsortium aus Sparkasse Hochfranken, VR-Banken und deren Dachorganisationen zur Verfügung stelle. 14,7 Millionen stammen als Zuschuss vom Freistaat Bayern – die
größte Summe, die je für ein Einzelprojekt nach Oberfranken geflossen ist. Voraussetzung für die Förderung und die Auszahlung durch das Bankenkonsortium war Gesell zufolge der Nachweis über ein Eigenkapital in Höhe von 14,5 Millionen Euro. Diese Summe sei im Wesentlichen durch eine Beteiligung von Bürgern aus der Region zustande gekommen.
Zwei Millionen von diesen 14,5 Millionen Euro seien durch Zwischenzeichner abgedeckt. In Höhe dieser zwei Millionen bestehe jetzt noch die Möglichkeit, sich an dem Projekt in Weißenstadt zu beteiligen. Die Mindesteinlage beträgt laut Gesell 25 000 Euro, nach oben geht es dann in 5000-Euro-Schritten. Bis zum Jahr 2027, so lange müssen die Anteile gehalten werden, sei eine Rendite zwischen vier und acht Prozent anvisiert. Gesell betont aber auch, dass für Kommanditisten der Verlust bis zur Höhe ihrer Einlage nicht auszuschließen sei.
Etwa zwölf Millionen Euro Umsatz soll das Siebenquell-Gesundzeitresort im Jahr 2017 erwirtschaften. Zum Vergleich: Im Kurzentrum planen die Macher für das laufende Jahr 5,8 Millionen, für 2016 sechs Millionen Euro Umsatz ein. Beide voneinander unabhängigen Gesellschaften steuern also mittelfristig zusammen auf die 20-Millionen-Marke zu.
300 Arbeitsplätze
Stephan Gesell fungiert als Geschäftsführer von vier wirtschaftlich unabhängigen Gesellschaften: Im Kurzentrum Siebenstern Weißenstadt arbeiten derzeit 90 Menschen, ebenso viele sind es im Kurzentrum Waren an der Müritz. Wenn im September 2016 das Siebenquell-Gesundzeitresort in Weißenstadt seinen Betrieb aufnimmt, werden mehr als 100 Beschäftigte dazukommen. In der Gesell GmbH schließlich arbeiten außer Gesell und Michael Bauernfeind, Prokurist aller vier Gesellschaften, weitere fünf Leute. Die Gesell GmbH ist unter anderem für das Baumanagement, die Projektentwicklung und die Finanzierung zuständig. Insgesamt kommen die vier Gesellschaften auf etwa 300 Arbeitsplätze.